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Das Projekt Badehaus 2
Projektbeschreibung:
Neunutzung
des historischen Jugendstildenkmals Badehaus 2" im Sprudelhof Bad
Nauheim als Theater- und Kleinkunstspielstätte
Historie
Mitte
des Jahres 1998 forderte der Magistrat der Stadt Bad Nauheim das Theater
Alte Feuerwache, kurz TAF, zur Räumung seiner bis dahin zur Verfügung
gestellten städtischen Lagerräumlichkeiten für Kostüme, Requisiten und
Kulissen auf. Trotz eines intensiv geführten Dialogs zwischen den
Verantwortlichen auf beiden Seiten konnte bis in die Herbstmonate
desselben Jahres keine geeignete anderweitige
Räumlichkeit gefunden werden.
Mit
Unterstützung des damals zuständigen Kulturdezernenten der Stadt suchte
der TAF-Vorstand den örtlichen Direktor des Hessischen Staatsbades auf.
An ihn wurde die Bitte gerichtet, zu prüfen, ob in einem der seit Jahren
leerstehenden Badehäuser der Sprudelhofanlage adäquate Lagerräume dem
TAF zur Nutzung zugeführt werden könnten. Dank seiner schnellen
Zustimmung, wurden die Weichen
für viele neue Ideen gestellt.
Dem Gespräch folgte ein erster Rundgang durch einige der Badehäuser, so
auch dem Badehaus 2.
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Badehaus 2
Das
Badehaus 2 stand bereits rund 20 Jahre leer und wurde bis dahin keiner
neuen Verwendung zugeführt. Lediglich die Mitarbeiter des Bauhofes hatten
hier Lager- und Reparaturmöglichkeiten gefunden. Hinzu kam, dass das
Jahrhunderthochwasser Anfang der 80er Jahre auch im Badehaus 2 mit einem
Pegelstand bis zu etwa 1,60 m deutliche Spuren hinterlassen hatte.Vereinzelte
Wasserschäden in den Dächern führten zu weiteren erheblichen baulichen
Mängeln.
Insgesamt präsentierte sich das denkmalgeschützte Haus in
einem ruinösen und stark verschmutzten Zustand.
Und dennoch sollte sein besonderer Charme die Mitglieder des
Theaterensembles künftig in seinen Bann ziehen...
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Idee
Schon während
der ersten Ortsbesichtigung entstand die kühne Idee, in dem Badehaus 2
eine Theater- und Kleinkunstspielstätte zu errichten und künftig in
Eigenregie zu betreiben.
Das
individuelle Jugendstilambiente, die prächtig gestalteten Fensterfronten
mit der typischen Bleiverglasung und die schlichte, aber majestätisch
anmutende Architektur drängten sich für eine derartige Nutzung gerade zu
auf. Ein solches Ambiente würde - so die damalige Einschätzung auf Seiten des
TAF - Künstler und Publikum gleichsam beflügeln.
Hinzu kam,
dass der besondere Raumzuschnitt, geprägt durch eine Vielzahl kleinster Räume,
den Badezellen, sowie die verhältnismäßig großflächige Wartehalle
eine geeignete Struktur für die Einrichtung eines Theater- und
Kleinkunstbetriebes mit allen erforderlichen Raumangeboten würde bieten
können.
Bis dato war es zudem offensichtlich niemanden gelungen, die vorhandene
Raumanordnung einer passenden Neu-Nutzung zuzuführen.
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Konzept
In dem
Wissen um die denkmalgeschützte Substanz erarbeitete das TAF zunächst
ein Grobkonzept zur alternativen Nutzung des Badehauses 2 als Theater-
und Kleinkunstspielstätte. Wesentlichstes
Merkmal der Umsetzung sollte eine Kooperation mit dem städtischen
Kulturamt darstellen, mit dem in den Vorjahren schon eine enge
Zusammenarbeit bestand. Die Idee eines Public-Private-Partnerships für
Bad Nauheim war geboren, denn beiden Seiten war klar, dass es ohne die
Beteiligung des anderen keine reelle Chance auf Verwirklichung geben würde.
Bis zu
diesem Zeitpunkt gab es zudem in Bad Nauheim keine geeignete Spielstätte
für Kammerspiele, Kleinkunst und Jazz, die zum einem eine vernünftige
Infrastruktur und zum anderen ein für Bad Nauheim angemessenes Ambiente
anbieten konnte. Die Ansiedlung einer Theater- und Kleinkunstbühne im Sprudelhof Bad
Nauheim sollte daher auch eine symbolische Bedeutung inne haben:
An dem Ort, der der Stadt in den letzten 120 Jahren seine Identität
stiftete, sollte es künftig ein derart kulturell abwechslungsreiches Bühnenprogramm
geben, das Einwohner und Gäste Bad Nauheims aller Generationen zugleich
anlocken sollte.
Da die
Verantwortlichen des Kulturamtes der Idee sofort zustimmten, wurde das
Konzept ausgearbeitet und in weiteren Runden mit dem Hausherrn - dem
Hessischen Staatsbad - abgestimmt.
Die konzeptionelle Umsetzung sah vor, dass die Ensemblemitglieder des TAF
in ausschließlich ehrenamtlicher Tätigkeit, die Aufräum-, Reparatur-
und Renovierungsarbeiten übernehmen sollten. Eine finanzielle Beteiligung
in Höhe von rund 18.000,- für die technische Ausstattung (Bühne,
Traversensystem, Beleuchtung, etc.) stellten den gemeinnützigen
Theaterverein darüber hinaus vor eine große Herausforderung, die in der
Folgezeit jedoch durch den Gewinn einiger spendabler Sponsoren gemeistert
werden sollte.
Die
fachspezifischen Arbeiten wie beispielsweise die Installation der
erforderlichen Starkstromanlage erfolgte durch extern beauftragte
Unternehmen. Aber auch die Mitarbeiter des Staatsbades trugen einen
erheblich kostenträchtigen Teil
zur Instandsetzung bei, installierten die Sanitäranlagen, führten einige
Reparaturen (Wasserschäden) durch und übernahmen einen Teil der
notwendigen Entrümpelung. Das
Kulturamt der Stadt schließlich koordinierte wesentliche Arbeitsabläufe,
stellte den Löwenteil der Investitionskosten zur Verfügung und ebnete
den lokalpolitischen Weg.
Formaljuristisch wurde zwischen dem Staatsbad und dem Kulturamt ein
Mietvertrag geschlossen und das TAF künftig als dauerhafter und einziger
Untermieter akzeptiert. Neben
den Arbeiten, die im Zusammenhang mit der Renovierung des Hauses standen,
stellt das TAF seitdem im Rahmen aller Veranstaltungen des Kulturamtes das
technische Personal für Licht und Ton, übernimmt die laufenden
Instandhaltungs- und Pflegearbeiten und führt punktuelle
Renovierungsarbeiten durch - mit Ausnahme der veranstaltungsspezifischen Tätigkeiten
(Licht und Ton) alles ehrenamtlich. 
Im
Gegenzug beinhaltet das tragende Konzept eine Nutzung des Badehauses durch
das TAF für eigene Zwecke. Diese Nutzung wird durch die zunehmende und
hervorragende Zusammenarbeit mit dem Staatsbad immer
weiter ausgebaut und verbessert. Ein Glücksfall, den es sehr zu schätzen
gilt!
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Raumaufteilung
Die
konzeptionelle Raumaufteilung sieht die Unterbringung der Bühne (8,00 x
4,00 m) in der ehemaligen Wartehalle vor, die zugleich auch Eingangs- und
Kassenbereich ist. Die Bühne,
die aus sogenannten Kleu-Podesten besteht und eine Höhe von 0,80 m
aufweist, wird eingerahmt von einem Alu-Traversensystem (Höhe 5,25 m),
das die Scheinwerfer- und Teile der Lautsprecheranlage trägt. Bühnengassen
mit Bühnenmolton und ein zweiteiliger Frontvorhang runden das Bild der
klassischen "Guck-Kastenbühne" ab.
Bühne, Traversensystem und technische Vorrichtungen wurden allesamt von
Mitgliedern des TAF aufgebaut. Zusätzlicher
Molton (spezieller Theater-Stoff) an den Wänden garantiert eine überaus
gute Akustik für die etwa 100 platzfindenden Besucher.
Hinzu kommt ein sechsteiliger Vorhang, ebenso aus Bühnenmolton gefertigt,
der es ermöglicht, bei Bedarf die 11,00 m hohe und rund 8,00 m breite
Fensterfront der Halle zu verschließen. Dank der Vorhangtechnik kann der
Blick auf dieses einmalige Kunstwerk, etwa im Rahmen von Führungen durch
die Badehäuser, freigegeben werden. Schon
alleine diese Maßnahme dokumentiert eines der Grundprinzipien, das im
Rahmen der Neunutzung konsequent von den Mitgliedern des TAF verfolgt
wurde:
Die bauliche Substanz wurde an keiner Stelle angegriffen oder beschädigt,
sämtliche Installationen, einschließlich der Bühne, würden sich nahezu
spurlos beseitigen lassen. Vielmehr stand und steht im Mittelpunkt die
Erhaltung von Originalität, um dieses Kleinod mit einer möglichst
breiten Öffentlichkeit teilen zu können. 
Im
Grundriss des Badehauses schließen sich an die Halle hufeisenförmig zwei
Wandelgänge mit mehreren früheren Badezellen an, von denen ein Gang öffentlich
und ein weiterer nicht-öffentlich genutzt werden.
Im
sich westwärts anschließenden Gang wurde der gesamte nicht-öffentliche
Teil mit Masken, Garderoben, Werkstatt, Fundus und Lager untergebracht.
Die Werkstatt steht damit im Bedarfsfall gastierenden Künstlern ebenso
zur Verfügung, wie sie dem Bau neuer TAF-Kulissen dient.
So hat es seit
der Inbetriebnahme etliche Veranstaltungen gegeben, in deren Verlauf so
mancher gastierende Künstler auch gerne auf das ein oder andere Kostüm
oder Requisit aus dem TAF-Fundus zurückgegriffen hat.
Alle
vorgenannten Funktionen sind in den ehemaligen Badezellen untergebracht.
Da das TAF die Zellen ohne Badewannen vorfand (sie wurden infolge des
Hochwassers demontiert), mussten die ehemaligen Standorte dieser Wannen
mit Estrich aufgegossen werden, um wieder einen ebenerdigen Boden zu
erhalten und die Zellen damit insgesamt überhaupt nutzbar zu machen.
Ein
besonderes Flair stiften die Badezellen, in denen Künstlermaske und
-Garderobe untergebracht sind, zumal als Schminktische die vorgefundenen
Jugendstilspiegel-Kommoden dienen, die ebenso wie die Originalbestuhlung für
diese Zwecke wieder von den TAFlern hergerichtet wurden. Auch auf
diese Weise entstand wieder ein Stück Originalität an einem für Bad
Nauheim besonderen Platz.
Der
östlich angrenzende Wandelgang beherbergt an erster Stelle das
Veranstaltungs-Cafè, das sogenannte TAFé. Eine in Anlehnung an den
Jugendstil und das Element Wasser selbst errichtete Theke bietet dem
Besucher eine kleine Auswahl an Getränken und Snacks.
Zudem fließt
hier jeder erwirtschaftete Euro als Gewinn wieder in die Theaterarbeit. Das
TAFé bietet darüber hinaus auch bei Proben (-Seminaren) eine
entspannende Örtlichkeit, um neue Kräfte und Kreativität zu sammeln.
Der
eigentliche Bewirtungsbereich befindet sich mit zahlreichen Sitz- und
Stehgelegenheiten im eigentlichen Gang.
Hier findet der Besucher eine Mischung aus Jugendstil und
Theaterrelikten vor. So sind vom Gang aus einige Zellen begehbar, in denen
Teile der Originalkulissen früherer TAF-Stücke aufgebaut sind.
Fotografien (hauptsächlich von Winfried Eberhardt), Videos und
Programmhefte vermitteln zudem einen Eindruck über die früheren
Inszenierungen. Eine im Außenbereich installierte Beleuchtung lässt den Gang und seine
ebenso farben- und gestaltungsprächtige Fensterfront auch in den
Abendstunden in einem besonderen Licht erscheinen. Von hier aus ist auch der schmucke Innenhof, der inzwischen immer häufiger
für Veranstaltungen mitgenutzt werden soll, zu betreten.
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Programm
Seit
der Inbetriebnahme des Badehauses 2 als Theater- und Kleinkunstspielstätte
im März 1999 führt das Kulturamt seine Kleinkunst- und
Kindertheaterreihen vor Ort durch. Jazz- und andere Musikveranstaltungen
runden das städtische Angebot ab.
Hinzu kommen einige in loser Folge in Kooperation mit dem TAF
veranstaltete Gastspiele von Theaterensembles sowie eine Vielzahl an
Sonderveranstaltungen.
Das TAF präsentiert auf der Bühne im Badehaus 2 durchschnittlich alle 12
- 15 Monate eine neue Eigenproduktion mit rund 15 - 23 Vorstellungen. Im Jahr 2001 fanden über 80 Veranstaltungen von Kulturamt und TAF statt,
Tendenz weiter steigend.
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Mittelhessischer
Kulturpreis
In
Anerkennung seiner künstlerischen Arbeit und des ehrenamtlichen
Einsatzes, rund 2.500 Arbeitsstunden, für das Badehaus 2 als neue Spielstätte
in Bad Nauheim wurde dem TAF im November 2000 der mit 2.556,- dotierte
Mittelhessische Kulturpreis verliehen.
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Ausblick
Auch in
Zukunft möchte sich das TAF seiner übernommenen Verantwortung stellen
und neben der künstlerischen Theaterarbeit am Fortbestand der Theater-
und Kleinkunstspielstätte im Badehaus 2 mitwirken. Nach
Auffassung des TAF haben die zurückliegenden zwei Jahre gezeigt, dass das
Badehaus 2 als kulturelle Stätte von den Bad Nauheimern und ihren Gästen
akzeptiert wurde. Dafür sprechen regelmäßig ausverkaufte
Veranstaltungen, eine Vielzahl von Abonnenten der Kleinkunstreihe und eine
Doppelung der Veranstaltungszahl:
Alles
genügend Gründe, um dem Haus Punkt für Punkt ein Stückchen seines
ursprünglichen Charmes zurückzugeben, auch wenn der finanzielle Etat
damit nicht nur aus künstlerischer Sicht dauerhaft belastet wird.
Um jedoch
bestimmte Arbeiten durchführen zu können, wird eine professionelle
Umsetzung unerlässlich sein. Es stehen auch Instandsetzungs- und
Renovierungsarbeiten an, die nicht mehr von den Mitgliedern des TAF,
sondern von Fachleuten übernommen werden müssen. 
Schließlich können
und müssen viele improvisierte Bereiche im Badehaus 2 im Verlauf der Zeit
professionalisiert werden. Jede wie auch immer geartete Unterstützung ist
daher herzlich willkommen.
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Fazit
Mit
der alternativen Nutzung des Badehauses 2 als Theater- und
Kleinkunstspielstätte hat nicht nur das TAF ein neues Domizil gefunden,
unter dessen Dach sich nun nahezu professionelle Arbeitsbedingungen
wiederfinden lassen.Das
Badehaus 2 ist dabei auch zum Inbegriff einer kulturellen Spielstätte im
Herzen Bad Nauheims geworden und trägt damit zur Wiederbelebung des
Sprudelhofes bei, der zwar seit den starken Rückgängen im Kurwesen
nichts an seiner Attraktivität, wohl aber an seinen täglichen
Besucherströmen erheblich eingebüßt hatte.
Das Badehaus 2 ist damit für Einwohner und Gäste aller Generationen zum
markanten kulturellen Platz und Treffpunkt geworden und lockt - nicht
zuletzt wegen seines einmaligen Ambientes - auch immer mehr Besucher aus
der Region an.
Die
Kooperation von städtischem Kulturamt, Staatsbad und Bürgerschaft,
vertreten durch das TAF und damit einer Generation, der allzu oft der
lapidare Vorwurf der "Spaß- und Konsumgesellschaft" vorgehalten
wird, kann für das weitere städtische Leben Bad Nauheims beispielhafte
Wirkung entfalten. Hier sind auf unkomplizierte und kreative Art und Weise
Kräfte gebündelt worden, die in der augenblicklichen Situation der
Stadtentwicklung ein für die städtische Kultur bestmögliches Ergebnis
erzielt haben.
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